Sozialkünstlerin – was für eine passende Beschreibung

Sozialkunst – Der Ursprung

„Sozialkunst“ oder „soziale Kunst“ ist eine sehr neue und bisher nicht weitreichend bekannte Kunstrichtung, die in den letzten 20 – 30 Jahre entstanden ist. Sie geht zurück auf Joseph Beuys, der die Konzeption der Sozialen Plastik als Gesamtkunstwerk entwickelte, und ein kreatives Mitgestalten aller Menschen an der Gesellschaft und in der Politik forderte. „Alles ist Kunst, jeder ist ein Künstler“ ist dann auch eine Aussage, die heftig diskutiert und kritisiert wurde. Denn wenn jeder ein Künstler ist, ist Kunst dann beliebig? Sind handwerkliche Fertigkeiten dann überflüssig?

Kunst als Kunstfertigkeit

Im Gegenteil, um die Gesellschaft in irgendeiner Form aktiv und sinnvoll mitgestalten zu können, muss das oberste Ziel zunächst sein, seine eigenen (Kunst-)Fähigkeiten bestmöglich zu entwickeln, auf seinem jeweiligen Gebiet ein wirklicher Experte zu werden. Kunst kommt tatsächlich von Können. Es bedeutet ursprünglich das, was man kann, was man beherrscht. Und erst ein wirklicher Künstler, ein Meister seines Faches, kann aktiv Verantwortung für sich selber und die Gesellschaft übernehmen.

Sozialkunst und Kunsttherapie

Sozialkunst kennen wir aktuell überwiegend aus dem Bereich der Kunsttherapie. Dort wird Kunst gezielt eingesetzt, um ein Bewusstsein für die eigene Gedankenwelt zu schaffen und damit Heilungsprozesse bei seelisch erkrankten Menschen anzustoßen. Bei Menschen also, die dem Druck, den die Gesellschaft auf sie ausübt, nicht standhalten können oder wollen.

Sozialkunst – Geburtshelfer einer neuen Gesellschaft

Und hier ist die Frage: Warum können oder wollen sie es nicht aushalten? Sind sie krank oder ist die Gesellschaft krank? Kann es sein, dass die Gesellschaft, so wie wir sie seit Jahrtausenden kennen, stirbt? Und wenn ja, wie sieht die Gesellschaft aus, die nun neu geboren werden soll? Schauen wir uns an, was sich schon zeigt. Neu ist, dass wir uns seit ca. 100 Jahren intensiv mit seelischen Prozessen beschäftigen. Inwiefern beeinflusst uns das Verhalten anderer Menschen, welche langfristigen Auswirkungen auf unser Leben hinterlassen körperliche und/oder seelische Gewalt, aber auch zu welchen Leistungen sind wir fähig, wenn wir Liebe und Wertschätzung erfahren?

Sozialkunst – Ansätze, Methoden und Techniken

Dazu gibt es viele theoretische und praktische Ansätze. Angefangen mit Freuds Thesen, über C.G. Jungs eher spirituellen Ansatz zu Virginia Satir und ihrer Familientherapie. Die Epigenetik zeigt, dass wir kein Opfer unserer Gene sind, wie lange geglaubt wurde, sondern dass wir durch Willenskraft und entsprechende Methoden wie NLP, EMDR oder Familienstellen unsere Gene quasi an- und abschalten können. Biografische Arbeit, die man sehr gut mit allen künstlerischen Techniken wie Schreiben, Malen, Musizieren, Skulpturen, Tanz und Theater leisten kann, ist dabei Grundvoraussetzung.

Menschen, die sich auf eine Therapie einlassen, sind deshalb nicht „krank“ oder „schwach“, wie es häufig gesehen wird, sondern mutig. Sie lassen sich auf Veränderungsprozesse ein und lernen, wie sie ihre Gedankenwelt gezielt beeinflussen können. Sie erkennen deshalb auch bei anderen immer besser und schneller, was diese antreibt und können entsprechend gelassen darauf reagieren. Bestes Beispiel sind die vielen Selbsthilfegruppen, die sich für alle möglichen Themen bilden und für die sich bereits Strukturen entwickelt haben, in der sich die Mitglieder gegenseitig unterstützen, statt sich zu bekämpfen.

Eine Gesellschaft, die das Prinzip der Kooperation lebt, statt das der Konfrontation, wird für uns alle ganz andere Möglichkeiten bieten.

Ich bin Sozialkünstlerin

Kein Begriff hat für mich jemals so richtig geklungen wie der einer Sozialkünstlerin. Alles, was ich mit meiner künstlerischen Arbeit gemacht habe, ist genau das gewesen: Sozialkunst. Ob das nun der Kunstunterricht war, mein Lebensgarten auf dem Wunderhof, die Arbeit mit der Erd-Charta, meine Bilder, meine Texte, meine Bücher. Was mich bei all meinem Tun angetrieben hat, war der brennende Wunsch, zu verstehen, verstanden zu werden und dazu beizutragen, dass andere ebenfalls verstehen und verstanden werden. Dass wir eine Gesellschaft gestalten, in der wir friedlich miteinander umgehen und wir für die anderen das Gleiche wollen wie für uns selber: ein gutes Leben.