Das ist keine Kunst – Wie toxische Erziehung in der modernen Kunstkritik weiterlebt

Die meisten Menschen kennen es aus persönlichen Beziehungen: das systematische Absprechen des eigenen Fühlens und Sehens. Sei es ein Kind, dem man sagt, es weine grundlos, oder ein Erwachsener, dem erklärt wird, sein Geschmack sei minderwertig – das Muster ist dasselbe. Dieses emotionale Untergraben wirkt zutiefst toxisch auf unsere Wahrnehmung, unser Selbstvertrauen und unsere Fähigkeit, das Leben als reich und erfüllend zu erleben. In der Kunst zeigt sich das, wenn uns gesagt wird, man dürfe Bilder nicht „schön“ finden – denn dann seien sie angeblich keine Kunst.

Gaslighting des Geschmacks: Das Erbe der emotionalen Invalidierung

Unsere Wahrnehmung ist kein Fehler. Sie erlaubt uns, die Welt zu verstehen, uns selbst zu spüren und Freude zu empfinden. Wird uns eingeredet, unser Empfinden sei falsch oder dumm, entsteht ein innerer Konflikt. Wir lernen, an unserer eigenen Sichtweise zu zweifeln. Genau das ist Gaslighting – eine subtile Manipulationstechnik. In der Kunstwelt äußert sie sich so:
Wohltuende, schöne Bilder werden als unbedeutend abgetan. Kritiker behaupten, Werke von Wert seien nur jene, die provozieren, zerstören oder schockieren. Wer sich diesem Diktat nicht beugt, wird infrage gestellt.
Die Botschaft ist klar: Dein Empfinden zählt nicht, dein Geschmack ist irrelevant. Wenn Kunst und Kritik uns beibringen, unserem eigenen Gefühl zu misstrauen, zerstören sie unsere natürliche Verbindung zur Welt.

Schönheit ist kein Luxus – sie ist ein existenzielles Bedürfnis

Das Empfinden von Schönheit beruhigt uns, stärkt uns und gibt Orientierung. Wenn die Mehrheit der Menschen ein schönes Bild als wohltuend empfindet, ist das ein starkes, kollektives menschliches Signal. Diese Erfahrung abzuwerten, ist toxisch: Sie zerstört die Verbindung zwischen Mensch und Wahrnehmung. Schönheit ist keine Flucht vor der Realität, wie oft behauptet wird, sondern Ausdruck unserer Vitalität und inneren Stärke. Sie nährt, was in uns gesund und heil ist. Wer Schönheit verachtet, verachtet einen tief verwurzelten menschlichen Antrieb.

Ein Plädoyer für die eigene Wahrnehmung

Jeder hat das Recht, seine eigene Wahrnehmung ernst zu nehmen – nicht nur als Künstler, sondern als Mensch. Deshalb sage ich meinen KursteilnehmerInnen und ZuschauerInnen: Ihr dürft schöne Bilder schön finden. Ihr dürft eure Emotionen ernst nehmen. Ihr dürft euch von Schönheit stärken lassen, ohne dass jemand euch erklärt, dass ihr es falsch macht.
Das gilt aber in besonderem Maße auch  für Kunstschaffende: Der Moment, in dem ein Künstler sein Werk betrachtet und denkt: „Das ist zu schön, das muss ich noch zerstören, sonst wird es nicht ernst genommen“, ist der Moment der Selbst-Invalidierung. Es ist die internalisierte, toxische Stimme des Kritikers, die wir in uns tragen.
Es geht nicht darum, Kritiker auszuschließen oder Diskussionen zu verbieten. Es geht darum, eine klare Grenze zu ziehen: Die persönliche Wahrnehmung ist kein Verhandlungsgegenstand. Kunst darf provozieren und unbequem sein – aber sie darf die Menschen nicht von ihrem eigenen Empfinden entfremden.

Ein neuer Umgang mit Kunst: radikal und notwendig

Wir brauchen eine Kunst, die Menschen stärkt und ihre Wahrnehmung bestätigt. Eine Kunst, die Mut macht, die innere Stärke fördert und die eigene Wahrnehmung respektiert. Diese Haltung ist paradoxerweise genau das, was die Kunstwelt fordert: Sie ist konzeptionell und radikal, weil sie die Macht der Gatekeeper infrage stellt. Sie ist notwendig, weil jede Abwertung unserer Wahrnehmung ein Stück Entfremdung bedeutet, einen Verlust von Vertrauen in uns selbst. Es ist das Echo alter, toxischer Stimmen, die uns sagen wollen, was wir zu fühlen haben.
Wir können diese Dynamik durchbrechen: Indem wir unsere Wahrnehmung ernst nehmen, unsere Freude an Schönheit zulassen und anderen dasselbe Recht zugestehen. Wahrnehmung ist menschlich. Schön ist gesund. Beides gehört zu uns.
Wir als Kunstschaffende haben die Verantwortung, die Wahrnehmung unserer Betrachter zu stärken, nicht zu zerstören. Das beginnt damit, dass wir unserer eigenen, ursprünglichen Intuition wieder vertrauen. Nur so kann wahre Kritik entstehen: die Kritik an der Invalidierung selbst.

Impressionistisches Aquarell mit Porträt eines kleinen dunkelhaarigen Mädchens mit zwei Zöpfen
Impressionistisches Ölbild mit 9 Mohnblüten und falschen Kamilleblüten in verschiedenen Wachstumsstadien in einem alten Milchschöpfgefäß
Abstraktes Bild einer Sonne vor einem Blauen Hintergrund
Ölgemälde einer herbstlichen Landschaft bei Sunzendorf in der Oberpfalz. Im Vordergrund eine abgeerntete Wiese mit goldenen Lichtreflexen, rechts ein geschwungener Feldweg, der in einen lichten Laub- und Nadelwald führt. Über dem Horizont türmen sich beeindruckende, lichtdurchflutete Wolken unter einem strahlend blauen Himmel.