10 Dez. Die neuen Alten: die Generation, die das Älterwerden neu definiert
Warum kreatives und aktives Altern ein gesellschaftliches Potenzial ist, das wir nicht übersehen dürfen.
Ein neuer Blick auf das Alter
Unsere Generation erlebt das Alter anders als jede vorherige. Wir sind mit besserer Bildung, besseren medizinischen Voraussetzungen, stabileren Lebensläufen und einem veränderten Verständnis von Lebenszeit aufgewachsen. Wir rutschen nicht automatisch in eine Phase des Rückzugs. Wir bleiben neugierig, beweglich und bereit, neue Aufgaben anzunehmen. Dieses neue Altern ist kein Sonderfall. Es ist ein gesellschaftlicher Wandel.
Warum unsere Generation viel zu geben hat
Wer heute 60 oder 70 ist, steht nicht am Rand der Gesellschaft. Im Gegenteil: Die neuen Alten vereinen Lebenserfahrung, Zuverlässigkeit, freie Zeit und die Fähigkeit, strukturiert zu arbeiten. Sie haben Berufe ausgeübt, Familien begleitet und Projekte aufgebaut. Dieses Wissen ist kein Auslaufmodell, sondern eine Ressource, die wir nutzen müssen.
Gleichzeitig entstehen Räume, in denen unsere Generation aktiv werden kann. Sie bleiben ungenutzt, weil es kein Geld gibt oder weil die Aufgaben zu komplex sind, um sie nur auf hauptamtliche Kräfte zu verteilen. Genau hier können die neuen Alten eine Lücke füllen – nicht als Ersatz, sondern als aktiver Beitrag.
Warum Kunst der geeignete Zugang ist
Künstlerisches Arbeiten, insbesondere aber gegenständliches Zeichnen und Malen, sind nicht nur Freizeitbeschäftigungen. Sie sind Werkzeuge, die Konzentration, Achtsamkeit und Selbstwirksamkeit fördern. In meinen Kursen vertiefen wir damit Problemlösungsfähigkeit, Geduld und den Mut, neue Wege zu gehen.
Diese Fähigkeiten sind in vielen gesellschaftlichen Bereichen gefragt – besonders dort, wo Kreativität mit Verantwortung verbunden ist. Die neuen Alten bringen Erfahrung, Struktur und Geduld mit, die solche Prozesse besonders wertvoll machen.
Entscheidend ist: Sie nehmen niemandem etwas weg. Sie ersetzen keine professionellen Künstler. Sie arbeiten dort, wo Ideen, Engagement und praktische Hilfe benötigt werden, aber kein Budget vorhanden ist.
Wie die neuen Alten ihre Fähigkeiten einbringen können
Mentoring und Wissensweitergabe
Workshops, Projektwochen oder Beratungsangebote eröffnen jungen Menschen neue Perspektiven. Hier zählen die ruhige Hand, die Fähigkeit zuzuhören und das Bedürfnis, Wissen weiterzugeben.
Kreative Gemeinschaftsprojekte
Theatergruppen, Schulen, Kindergärten und Vereine profitieren von künstlerischer Unterstützung. Kulissen, Wandgestaltungen oder Szenografie sind Bereiche, in denen Kreativität und Gemeinschaftsgeist im Vordergrund stehen. Sie schaffen Begegnung und stärken lokale Kultur.
Nachhaltige Projekte und Ehrenamt
In Umweltgruppen, Gemeinschaftsgärten oder sozialen Einrichtungen zeigen die neuen Alten, wie man Verantwortung sichtbar machen kann. Bemalte Hochbeete, Informationsschilder oder kleine Installationen verbinden Gestaltung mit Gemeinwohl.
Innovationsgruppen
Viele Gemeinden und Städte suchen neue Ideen für Teilhabe, Kultur und Bildung. Die neuen Alten bringen ihre Sicht auf Lebensläufe, Zukunftsfragen und soziale Gerechtigkeit ein. Diese Mitarbeit erweitert Debatten und eröffnet neue Lösungswege.
Eine Generation zwischen Erfahrung und Aufbruch
Wir erleben eine Zeit, in der viele gesellschaftliche Bereiche unter Druck stehen: Bildung, Gesundheit, Kultur, Umwelt. Die neuen Alten können hier eine wichtige Rolle spielen. Nicht als Lückenfüller, sondern als aktive Gestalterinnen und Gestalter, die durch kreatives Training gestärkt sind. Denn wir sind nicht eine Generation, die versorgt werden muss. Wir sind eine Generation, die mitarbeiten will.
Kunst als Motor für eine inklusive Gesellschaft
Wenn Kunst verstanden wird als eine Fähigkeit, die Denken, Wahrnehmung und soziale Bindung stärkt, dann wird klar: Die neuen Alten arbeiten nicht „nebenher“. Sie tragen zu einer Kultur bei, die Gemeinschaft ermöglicht und Menschen verbindet.
Sie bringen keine Überproduktion auf den Markt. Sie erzeugen Werte, die nicht in Preisen gemessen werden. Sie schaffen Orte, an denen Menschen sich begegnen und ernst genommen fühlen.
Ein notwendiger Wandel im Bild des Alterns
Das überholte Bild vom passiven Alter passt nicht mehr zu unserer Realität. Die neuen Alten sind aktiv, organisiert und bereit, Verantwortung zu übernehmen. Unsere Gesellschaft gewinnt, wenn wir dieses Potenzial sehen – und sie verliert, wenn wir diese Generation nur verwalten, statt sie einzubeziehen.


