Warum positiv Denken (nicht) funktioniert

Immer wieder erlebe ich Menschen, die sich darüber beschweren, dass bei ihnen positiv Denken nicht funktioniert.  Aber im Grunde bestätigen sie damit, worauf positiv Denken basiert: „Euch geschehe nach euerem Glauben”. Wenn ich glaube, dass positiv Denken bei mir nicht funktioniert, erfüllt sich mein Glaube. Es funktioniert nicht.

Unser Gehirn ist unbestechlich und versucht immer, und mit allen Mitteln, das, woran wir glauben, zu realisieren.

Unser Gehirn ist völlig unbestechlich, es verwirklicht das, was wir gelernt haben. Da Lernen besonders gut funktioniert, wenn wir dabei starke Gefühle haben, werden Gefühle auch immer wieder dazu führen, dass das, woran wir glauben, sich erfüllt. Immer. Ob es uns guttut oder nicht, ist dabei völlig egal. Aus der Hirnforschung weiß man mittlerweile, wie diese sogenannten „Autobahnen“ im Gehirn, diese automatischen Handlungsabläufe entstehen. Meist werden sie schon in frühester Kindheit angelegt. Kinder lernen durch Nachahmen und eigene, sehr oft schlechte, aber eben auch gute Erfahrungen. Jede neue Erfahrung wird dann mit den bereits gemachten abgeglichen und verstärkt das entsprechende Neuronennetzwerk. Damit verknüpft ist auch die entsprechende Körperchemie, wie etwa die Ausschüttung von Cortisol bei Stress oder Serotonin bei Zufriedenheit.  So entstehen Programme, die automatisch ablaufen. Daraus wiederum entstehen Gedankenkonstrukte und Überzeugungen, wie die Welt funktioniert, die dann immer öfter bestimmte Handlungen nach sich ziehen. Langsam aber sicher entstehen dadurch Erwartungshaltungen, so dass wir auf neue Erlebnisse gar nicht mehr anders reagieren können. Das ist zwar gut, wenn wir glauben, dass wir alles tun können, um unsere Ziele zu erreichen, aber schlecht, wenn wir glauben, dass wir das eben nicht können.

Um anders handeln zu können, müssen Sie zuerst lernen anders zu denken

Negative Erwartungen sind dann ein wunderbares Mittel, sich selber bei der Erfüllung seiner Träume zu blockieren. Nichts von dem, was wir uns wünschen, passiert. Wir sind in Selbstmitleid, Depression und Wut gefangen und können nichts tun. Immer wieder liest man von Menschen, die sich scheinbar wie ferngesteuert selber alles kaputt machen. Sie zerstören ihre Beziehungen durch Kontrollzwang, Neid und Eifersucht, sie versemmeln jede Chance und behaupten dann, das Schicksal oder die anderen seien schuld. Sie verbringen ihr Leben in Unglück und wundern sich, warum. „Ich kann das nicht, ich bin zu dumm, andere sind besser als ich, keiner liebt mich, mir hilft sowieso keiner.“, davon sind sie überzeugt.

Negative Erwartungen funktionieren super

Negative Erwartungen, oder negative Affirmationen, wie man solche Bekräftigungssätze auch nennt, kommen aus unserer bisherigen Lebensgeschichte, oder sind uns von Eltern, Großeltern, unserer Kultur als unverrückbare Wahrheiten präsentiert worden. Aber wenn man sie auf ihren Kern reduziert, sind all diese Wahrheiten eben einfach nur Erwartungen, dass etwas so oder so passieren wird. „Karriere machen nur die skrupellosen Ellbogenmenschen, Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen.”  Was glauben Sie, verwirklicht sich, wenn Sie so denken? Sie sind kein skrupelloser Ellbogenmensch, also können Sie nie Karriere machen. Männer und Frauen passen nicht zusammen, was glauben Sie, wie Ihre Beziehung dann aussieht, wenn Sie denn eine haben?

Auch positive Erwartungen funktionieren super

„Der Glaube versetzt Berge“, die Wahrheit dieses Satzes haben Menschen im Laufe der Jahrtausende millionenfach als wahr erlebt. Der Spruch “Alle sagten, das geht nicht, bis einer kam, der das nicht wusste und es einfach machte“ bestätigt, dass es unendlich vielen Menschen gelungen ist, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Weil sie anders dachten. „Ich schaffe das, ich kann das lernen, ich mach das so lange, bis ich es geschafft habe“. Davon sind sie überzeugt. Auch Sie können lernen, sich durch positive Affirmationen eine neue positive Erwartungshaltung „einzuprogrammieren“ und dann genauso fest wie die anderen glücklichen Menschen, daran zu glauben, dass alles möglich ist.

Positive Affirmationen wirken, aber es gibt einige wichtige Voraussetzungen, die Sie beachten müssen.

Ihrem Wunsch darf KEINE negativen Erwartung entgegenstehen. Also, wenn Sie sich wünschen: „ich möchte eine wunderbare Arbeitsstelle, wo ich anerkannt bin und mich mit all meinen Fähigkeiten einbringen kann“, darf in Ihnen keine negative Affirmation wirken, die besagt „ich habe einen Scheiß Job, in dem ich mich langweile, und der mich aggressiv macht“. Wenn Sie sagen: „Ich habe eine wunderbare, zutiefst erfüllende Beziehung“, dann darf in Ihnen keine negative Erwartung wirken „es gibt keine Frau/keinen Mann die/der mich wirklich liebt“. Ihre negativen Erwartungen sind höchstwahrscheinlich auch noch mit starken Gefühlen aus ihrer Kindheit oder späteren schlechten Erfahrungen unterlegt und dann besonders wirksam!

So spüren Sie Ihre negativen Erwartungen auf

Das Vertrackte an negativen Erwartungen ist, dass man sie oft gar nicht erkennt, weil sie so automatisch ablaufen, wie Schalten beim Autofahren.
Es gibt eine einfache Methode, Ihren negativen Erwartungen auf die Spur zu kommen. Wenn Sie mal wieder frustriert und unglücklich sind, legen Sie sich aufs Sofa oder ins Bett und bemitleiden sich so richtig selber. Legen Sie sich aber unbedingt Schreibzeug zurecht und schreiben Sie dann ALLE Gedanken auf, die Ihnen zu dem Thema einfallen. Je negativer, desto besser. DAS sind die negativen Erwartungen, die verhindern, dass die positiven wirken. Wenn Sie dabei ganz viel Selbstmitleid, Schmerz, oder Traurigkeit empfinden, sind das die Erwartungen, die sie finden wollen.

Wichtig: wenn sie dabei KEINE starken Gefühle haben, brauchen Sie sie sich darum nicht weiter zu bekümmern. Zum Beispiel: Wenn Sie denken „Meine Arbeitsstelle ist in einem alten Kasten, der dringend saniert werden müsste” und Sie fühlen sich neutral dabei, dann ist das eine objektive Einschätzung, die Ihrem Glück nicht im Weg steht.

Verwandeln Sie die negativen Erwartungen in positive Erwartungen

Wenn es Ihnen dann wieder einigermaßen besser geht, schreiben Sie neben jede negative Erwartung eine positive. „Mir gelingt nie was“  wird dann zu „ich schaffe alles, was ich mir vornehme“. Wichtig ist, dass Sie die positive Erwartung genauso in der Gegenwartsform formulieren wie die negative. Also nicht „ich werde irgendwas tun“, sondern „ich tue“. Und dann nehmen Sie sich ganz bewusst vor, jedes Mal, wenn der Satz in Ihrem Denken auftaucht „mir gelingt nie was“, ihn SOFORT mit „ich schaffe alles, was ich mir vornehme“ zu über“denken“.

Üben, üben, üben

In positiven Erwartungen zu denken, ist am Anfang genauso anstrengend wie körperliches Training. Wir leben in einer Gesellschaft, die fast nur aus negativen Erwartungen besteht. Deshalb sind bei uns allen die positiven „Denkmuskeln“ schwächer ausgeprägt und wir müssen jeden Tag trainieren. Und hier ist genau der Punkt, woran so viele scheitern, die behaupten „positiv Denken funktioniert nicht“. Negativ Denken geht automatisch, ohne Anstrengung. Deshalb ist es für viele leichter, einfach aufzugeben und zu behaupten „es funktioniert nicht“. Stimmt.

Durchhalten

Wenn Sie erleben möchten, dass Ihre neuen Erwartungen wirken, müssen Sie durchhalten. Achten Sie dabei unbedingt auch auf kleinste Erfolgserlebnisse, schreiben Sie sie auf, feiern Sie sich selber, wenn Sie sie bemerken. So wie Sie sich als kleines Kind gefeiert haben, wenn Sie etwas zum ersten Mal geschafft haben. Von Mal zu Mal werden Sie schneller bemerken: es funktioniert! Sie werden natürlich sehr oft auch wieder in alte Denkweisen rutschen, so wie sie als kleines Kind beim Laufen lernen immer mal wieder hingefallen sind. Aber über die Jahre – und es sind wirklich Jahre – werden aus den Erwartungen neue Überzeugungen und damit gelebte Wirklichkeit.

Mit Gefühlen unterlegen

Was immer wir denken, bewahrheitet sich besonders schnell, wenn es mit den entsprechenden Gefühlen unterlegt ist. Negative Erwartungen verstärken wir mit Gefühlen wie Hass, Neid, Eifersucht, Schmerz, Traurigkeit. Positive Erwartungen verstärken wir mit Gefühlen wie Freude, Liebe, Dankbarkeit, Glück. Deshalb sind Sie gut beraten, sich die Erfüllung Ihrer positiven Erwartungen mit diesen Gefühlen auszumalen und in Gedanken ganz oft zu erleben. Ihre negativen Erwartungen spielen sich genauso in ihrem Denken ab wie ihre positiven. Sie malen sich das Schreckliche genau so in ihrem Denken aus wie das Schöne. Treffen Sie also eine kluge Wahl und malen Sie sich das Schöne mit den wunderbarsten Gefühlen aus, und trocknen Sie so gleichzeitig die Schreckensvorstellungen damit aus.

Wenn Sie tiefer einsteigen möchten

Wenn Sie eine Zeitlang mit der neuen Art zu denken geübt haben, werden Sie vielleicht an den Punkt kommen, wo Sie ergründen möchten, woher ihre ganzen negativen Erwartungen kommen. Dann wird es richtig spannend, denn das ist eine Detektivarbeit, die Monate oder Jahre dauert. Denn wie bei einem Puzzle muss man oft erst ganz lange suchen, bis man die passenden Erkenntnisse aufspürt. Aber alle, die sich auf diesen Weg begeben haben, hatten dabei einen Riesenspaß. Denn nichts bringt mehr Freude ins Leben, als sich selber immer glücklicher und entspannter zu erleben.