Kreativität fördern – so geht`s

Kreativität fördern mit Zeichnen und Malen – so geht’s

Kreativität ist ganz grundsätzlich die Fähigkeit, insbesondere von uns Menschen, das, was wir kennen und können, in immer neue Zusammenhänge zu stellen. Das befähigt uns, uns an eine sich ständig verändernde Umwelt anzupassen, und in Krisensituationen neue Lösungen zu finden.

Kreativität tritt dann besonders effektiv zutage, wenn wir an unsere Selbstwirksamkeit glauben, d.h, wenn wir möglichst schon als Kinder gelernt haben, dass das, was wir tun, uns einen wie auch immer gearteten Überlebensvorteil bringt. Jeder, der kleine Kinder beobachtet, sieht das: Sie probieren laufend verschiedene Möglichkeiten aus, das zu bekommen, was sie wollen. Man kann diese Fähigkeit dann ganz gezielt fördern, man kann sie aber auch genauso gezielt unterdrücken.

In Herrschaftssystemen, in denen Gehorsam wichtig ist, wird man sie natürlich nach Möglichkeit unterdrücken oder ihr nur soviel Raum geben, dass die Menschen sich immer in bestimmten Bahnen bewegen. Dann wird man z.B. das Auswendiglernen fördern, das bloße Nachahmen, und wird das mit Mitteln der Angst machen. „Wenn du nicht tust, was ich dir sage, wird etwas Schreckliches passieren, gehörst du nicht mehr dazu, usw.“ Wer etwas Neues erfindet, oder versucht, Verbesserungen durchzusetzen, erfährt Ablehnung und Abwertung. Das hat vermutlich auch jeder schon mal erlebt: Dass er eine gute Idee hatte und die Umwelt hat sofort gesagt, „das funktioniert nicht, das haben wir ja noch nie so gemacht, du immer mit deinen verrückten Ideen, etc.“.

Ohne das zu werten, ist ein bestimmtes Maß an Ordnung und Sicherheit notwendig für unser Überleben. Aber gerade in Krisenzeiten, wenn das, was wir bisher gelernt haben, nicht mehr funktioniert, brauchen wir unsere Kreativität, um neue Lösungen zu finden. Deshalb ist es nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene hilfreich, dieser Kreativität immer wieder Raum zu geben, sie quasi zu üben. Und zeichnen und malen sind gute Mittel, das zu tun.

 

 

Zeichnen heißt ordnen

Schauen wir uns zuerst das Zeichnen an: Unter Zeichnen verstehen wir eine Tätigkeit, bei der wir Linien auf einen Untergrund aufbringen. Meistens in Schwarz-Weiß, mit Bleistiften, Kreiden oder Federn, aber auch in Farbe wie z.B. mit Buntstiften oder Filzstiften.

Zeichnen hat durch das Aneinander setzen von Linien, die Langsamkeit dabei, das Schritt für Schritt vorgehen, eine ordnende, beruhigende Wirkung auf unser Gehirn. Man kann dazu eine kleine Übung machen. Nehmen Sie ein Blatt Papier, und fangen Sie an, zu kritzeln. Nach einer Weile versuchen Sie, durch Verstärken einzelner Partien Ordnung in das Chaos zu bringen. Beobachten Sie dabei Ihren Körper: je klarer dann euere Formen werden, desto mehr werden Sie das Gefühl haben, „Ah, ich kann ja etwas tun. Ich bin dem Chaos nicht ausgeliefert, ich kann es bändigen.“ Dieses Erfolgserlebnis kann man auch spüren, wenn man nicht gegenständlich zeichnet.

Später kann man auch Gegenstände der Außenwelt abzeichnen und sich dabei Ziele setzten. Ich bewältige z.B. das Thema Kugel und zeichne eine Zwiebel. Dann zeichne ich eine Zweite und eine Dritte und stelle fest, dass ich mich stetig weiterentwickle. Ich gebe nicht auf, wenn etwas nicht gelingt, sondern übe so lange, bis ich es kann. Jeder, der das kennt, weiß, wie der ganze Körper mit Belohnungs-Botenstoffen überschwemmt wird, wenn es endlich gelingt.

Auch wenn man nicht gegenständlich zeichnen möchte, kann man sich Ziele setzen. Nehmen Sie ein Wort, das mit einem Wunsch in Zusammenhang steht. Dann zeichnen Sie zu diesem Wort einen ganzen Monat lang irgendetwas. Das kann ein Symbol sein, bestimmte Bewegungen, irgendwas. Nach einem Monat werden Sie merken, dass Sie anfangen, mit diesem Wort eine bestimmte Tätigkeit zu verknüpfen, ihm eine Bedeutung in Ihrer Biografie zu geben. Vielleicht haben Sie auch bei der Tätigkeit gemerkt, dass es ein Wunsch ist, der Ihnen gar nichts bedeutet, oder Sie haben durch dieses Tun unbewusste Inhalte abgerufen, und hatten plötzlich eine Idee, wie Sie sich diesen Wunsch erfüllen können.

Aber so oder so fördern Sie damit Ihr Bewusstsein über Ihre Selbstwirksamkeit und Ihre Schöpferkraft.

 

Malen spricht die Emotionen an

Malen funktioniert zwar ähnlich motivierend auf unsere gestalterischen Kräfte, hat aber noch einmal eine ganz andere Dimension. Unter Malen verstehen wir den Vorgang, bei dem mit einem mehr oder minder flüssigen Medium ein Untergrund bedeckt wird. Wir erhalten farbige Flächen und diese lösen in uns eine ganze Reihe von Emotionen aus, die zum Teil bei allen Menschen ähnlich sind, zum Teil aber sehr individuell durch die persönlichen Erfahrungen geprägt sind. So wird zum Beispiel eine große rote Fläche bei vielen Menschen eine Assoziation von Gefahr hervorrufen, während sie bei anderen vielleicht das Gefühl von Hitze oder Wärme auslöst, vielleicht auch Aggression. Beobachten Sie Ihre körperlichen Reaktionen, wenn Sie ein Bild betrachten. Denn das ist etwas, was man in der Malerei einsetzen kann. Man kann Bilder malen, die einem guttun. Die angenehme Gefühle auslösen, die zum Beispiel ein Gefühl von Geborgenheit und Angenommen Sein geben.

Was man über die Malerei auch sehr gut üben kann, ist das Loslassen von unangenehmen Gefühlen. Ganz egal, ob man ungegenständlich oder gegenständlich malt, kann man das, was belastet, in ein Bild packen. Selbst wenn es handwerklich nicht perfekt wird, wird man beim Malen bemerken, dass es einen Ausdruck bekommt. Denn das, was unsere Seele belastet, ist ja das, was nicht ausgesprochen werden kann oder darf. In dem Moment, wo ich es aber vor mir auf dem Papier habe, kann ich es sehen, ich kann es auch verändern. Auch hier habe ich die Möglichkeit der Selbstwirksamkeit.

Auch die unterschiedlichen Malmedien verdienen es, beachtet zu werden. So kann man zum Beispiel mit Wasserfarben sehr gut das Fließen lassen üben, während man mit den festen Medien wie Öl oder Acryl durch ein vielfaches Übereinandermalen erleben kann, dass man Dinge überschreiben kann, dass der erste Versuch nicht unbedingt perfekt sein muss. Die Liste der Dinge, die man üben kann, ist lang. Ich lade meine SchülerInnen immer dazu ein, eigene Experimente dazu zu machen, selber kreativ zu werden.

Wichtig ist vor allem aber eines, ob beim Zeichnen oder Malen. Nachahmen ist völlig in Ordnung, wenn wir etwas lernen wollen. Denn der Mensch lernt am meisten durch Nachahmen. Aber kreativ sein heißt dann, mit dem Gelernten das Eigene auszudrücken, Querverbindungen zu anderen Erlebnissen herzustellen und so etwas Neues, Authentisches zu schaffen.

Wer so gestärkt durchs Leben geht, wird deshalb genauso auf Schwierigkeiten stoßen wie andere, aber er wird anders damit umgehen können und Lösungen finden, wo andere keine sehen.